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Burschen heraus! |
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Was sind Burschenschaften? |
JPS 2011-05-09 ../00CONTENT/Corner/Burschen/01_Burschenschaften_01 |
Waffenstudenten, Coleurstudenten, Bünde sind keine Parteien, die auf die Zustimmung der Bevölkerung angewiesen sind. Es sind eingetragene Vereine, deren Statuten grossteils öffentlich zugänglich sind.
Eine gut recherchierter, wenngleich nicht vollständiger und 100% stimmiger "Aufklärungs"-Artikel versucht die Fragen: "Was sind eigentlich Burschenschaften, was Mensuren? Welche Ideologie steckt dahinter?" zu beantworten.
P.S.:
Die "Liederbuchaffäre" - ausgelöst vom Falter
am 2018-01-23 - entfachte eine undifferzierte öffentliche Diskussion, in der alle "Kappelträger" (welch feine Wortwahl! Diskriminierend?) in einen Topf geworfen wurden und werden.
Auch der Schnellgerichtshofder (un)sozialen Medien schwappte mit wohlbegründeten Urteilen und diffamierenden Meinungen über.
Im Zentrum: Burschenschaften 2018-02-04 mit Ewald Stadler (Ex-Nationalratsabgeordneter, FPÖ/BZÖ), Herbert Haupt (Ex-Vizekanzler, FPÖ), Elisabeth Orth (Schauspielerin), Willi Mernyi (Mauthausen-Komitee) und Dieter A. Binder (Historiker)
2018-02-05 Thema - Schlagende-Burschenschafter
Der Sozialist Ferdinand Lasselle war Breslauer Burschenschafter.
Nach ihm ist in Wien im 2. Bezirk die Lassallestraße benannt.
Als vagabundierender Kulturwissenschafter wandere ich in Wien über die Lassallestraße.
Diese Straße des 2. Bezirkes ist nach Ferdinand Lassalle benannt, einem der Gründer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins von 1863.
Er wurde 1825 in Breslau geboren und starb 1864 bei einem Pistolenduell in der Nähe von Genf. Er war Burschenschafter, also bei einer schlagenden Verbindung, so wie auch Karl Marx. Im Gegensatz zu Marx vertrat er jedoch einen genossenschaftlichen friedlichen Sozialismus.
Lassalle, Sohn eines jüdischen Seidenhändlers, war 1843 der Breslauer Burschenschaft beigetreten (das Wort Bursch stammt vom Wort Bursa, dem Geldbeutel, wie man im Mittelalter das Kosthaus der Studenten nannte).
Als Burschenschafter steht Lassalle in der Tradition der deutschen Studenten, die sich 1815 in Jena versammelten, um im Sinne der Französischen Revolution von 1789 die Willkür der Mächtigen, des Adels und der Kirche, zu brechen.
Sie wollten das zersplitterte Deutschland im Sinn der Freiheit aller, der gesamten Nation, einen. Im Gründungsaufruf der Burschenschaft vom 10. Juni 1815 gelobten Studenten, „das Urrecht jedes Menschen, die Freiheit, mit Schutz und Trutz gegen jeden Angriff zu verteidigen . . .".
Die Farben der Burschenschaftsfahne waren Schwarz, Rot und Gold. Man sprach von der deutschen Trikolore. Im Sinne der Französischen Revolution pflanzten Burschenschafter den Freiheitsbaum der Jakobiner und sangen die „Marseillaise". über die Freiheit der Nation sollte die Freiheit des Individuums in einer geschriebenen Verfassung gesichert werden.
Beim Wartburgfest der Burschenschaften im Jahre 1817, die inzwischen an fast allen deutschen Universitäten entstanden waren, kam es zu feurigen Reden gegen die Fürsten und für ein freies Vaterland. Dabei verbrannten Studenten die Symbole der Herrschaft der Fürsten: einen Schnürleib, einen Soldatenzopf und einen Korporalstock. Aber auch Bücher von Autoren wurden symbolisch verbrannt, die als gefährlich für ein geeintes freies Deutschland gesehen wurden.
Die Mächtigen sahen in den Burschenschaften ihre Feinde, daher verbot man sie 1819. Einige Burschenschafter flohen in die USA, so der Gießener „schwarze Burschenschafter" Karl Follen, der eine nach französischem Revolutionsmuster gebildete Republik wollte. In den USA setzte sich Follen für die Aufhebung der Sklaverei ein.
Die Revolution von 1848, in der es gegen die Zensur, um Freiheitsrechte der Bürger, Arbeiter und Bauern ging, wurde vor allem von Burschenschaftern und Arbeitern getragen.
In den Burschenschaften hatte auch das liberale Judentum Aufnahme gefunden.
Jedoch gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich nicht nur in den Burschenschaften ein fataler Antisemitismus, der dazu führte, dass Juden aus Burschenschaften verstoßen wurden.
Aber nicht alle Burschenschaften übernahmen diesen „Arierparagraphen", der in großem Widerspruch zu den Ideen der alten Burschenschaft stand. So z. B. hieß es in dem Programm der Wiener Burschenschaft Fidelitas 1926: „Wir sind deutschfreiheitlich gesinnt im Gegensatz zu den Deutschradikalen (starrer, unduldsamer Hass gegen alles Fremde)".
Mitglied der Burschenschaft Alemannia zu Bonn war der Kulturanthropologe Franz Boas, der Forschungen über Stämme Nordamerikas durchgeführt hat. Er kam aus einer jüdischen Familie. Er war 1886 in die USA ausgewandert, er blieb Burschenschafter, er wurde nicht ausgeschlossen.
Auch unter den Burschenschaftern gab es Widerstandskämpfer
Unter den Burschenschaftern gab es auch Sympathisanten des nationalsozialistischen Regimes, aber auch Widerstandskämpfer,
wie den Innsbrucker Robert Bernardis, der nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 hingerichtet wurde.
Auch im KZ starben Mitglieder schlagender Verbindungen, wie Fritz Löhner-Beda, der Dichter vieler Wienerlieder und Librettist von Lehär-Operetten. Von ihm stammt ein Lied über die Mensur, den Fechtkampf der schlagenden Verbindungen, einem alten Mannbarkeitsritual.
In Wien trafen sich vor einigen Jahren zum Gedenken an den Journalisten Egon Erwin Kisch — er war Prager Burschenschafter — Angehörige schlagender, katholischer und jüdischer Verbindungen, um sich der alten liberalen Werte der Studentenverbindungen zu versichern.
Ich wünsche allen, die sich mit der Geschichte der Studentenverbindungen auseinandersetzen, das Beste und ziehe weiter.
Burschenschafter: Rechte Parallelwelt mit Schmiss |
Kurier 2018-01-21 ../00CONTENT/Corner/Burschen/2018-01-21_Burschen_Parallelwelt_00 |
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"Ehre, Freiheit, Vaterland": Was für die einen Wahlspruch ist, ist für die anderen Kampfansage: Am Freitag prallen diese Welten beim Akademikerball aufeinander.
Doch wer sind die Menschen, die sich in der Hofburg treffen? Was zeichnet schlagende Verbindungen wie die Vandalia aus, der Vizekanzler Heinz-Christian Strache oder Johann Gudenus angehören? Wie politisch sind Olympia, Albia und Co und was bewegt junge Menschen heute einer Burschen- oder Mädelschaft beizutreten? Der KURIER sprach auf der "Bude" mit Mitgliedern und Kritikern.
Ob er nochmals eintreten würde, nein, das würde Günter Cerwinka nicht mit Gewissheit sagen. „Ich bin mit einer gewissen Naivität Burschenschafter geworden“, sagt er. 1959 war er als junger Geschichtestudent in die Allemannia Graz eingetreten. Was ihn angezogen hat? „Die Aura des Romantisch-Geheimnisvollen einer Studentenverbindung.“
Mittlerweile ist Cerwinka emeritierter Professor und sein Blick auf Burschenschaften hat sich stark verändert. Fragt man ihn, einen „Alten Herrn“ in der Allemannia, was ihn stört an den Burschenschaften, so ist die Liste lang: Da ist der Umstand, dass der Staat gering geschätzt, das „Volk“ hingegen überhöht wird, sagt er. Da ist die „Germanomanie“ der österreichischen Burschenschafter, also die Devise, dass man sich „deutscher als die Deutschen“ fühle. Und da ist die Sache mit der Abstammung: Dass „Blut“, wie es unter Burschen und Mädeln heißt, das Aufnahmekriterium ist, lässt ihn kopfschütteln: Wer nicht deutschstämmig ist, hat nämlich noch immer bei vielen Burschenschaften keinen Zutritt – im größten und ältesten Dachverband der Männerbünde Österreichs und Deutschlands, der Deutschen Burschenschaft, wurde deshalb vor einigen Jahren über die Einführung eines „Ariernachweises“ diskutiert.
Schwer wiegt für Cerwinka auch, dass es „keine klare Abgrenzung zu Bewegungen wie den Identitären, PEGIDA oder Ähnlichem gibt“, sagt er. Die Nähe zu rechtsradikalen oder -extremen Gruppen wird oft mit dem Recht auf Meinungsfreiheit legitimiert – ebenso wie „eine revisionistische Geschichts-auffassung“, also Zweifel an Forschungsergebnissen über Kriegsschuld oder den Holocaust, die durchaus in einigen Burschenschaften anzutreffen sind.
Freilich: Nicht in allen Burschenschaften ist das so. „Die Kritik ist keine pauschale“, sagt der Historiker; „ein beträchtlicher Teil denkt ähnlich wie ich.“ In seinem Bund seien es vor allem die Älteren, die eine eher liberale Haltung hätten; allein, die Jüngeren „treten forscher und schärfer auf.“ Kritische Debatten darüber gebe es noch zu wenige, sagt er. Er habe vielmehr den Eindruck, „dass die Burschenschaften den Einfluss, den sie an den Universitäten verloren haben, neuerdings als Führungsreservoir einer politischen Partei wettmachen wollen“, so Cerwinka.
Interne Reformen seien nötig, denn die seien sinnvoller als mediale und „oft undifferenzierte Zurechtweisungen von außen“, wie Cerwinka sagt. Bleibt für ihn zu hoffen, dass die Vorstöße auch andere zur Kritik anregen. Und wenn nicht? „Den allfälligen Vorwurf der Nestbeschmutzung halte ich aus“, sagt er.
FPÖ-Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller mag als Prototyp eines "Mädels" gelten, mit ihrer recht braven Optik, dem immer um den Hals geschlungenen Tuch.
Gudrun (Name von der Redaktion geändert) passt da weniger ins Bild. "Ich laufe teilweise mit blauen und pinken Haaren herum, mich würde man optisch vermutlich gar nicht so in dieses Eck stellen", sagt sie; und auch die vielen Piercings im Ohr passen kaum zum Bild des Dirndl-tragenden Mädels, das man landläufig im Kopf hat.
Wie das geht? Ganz gut, offenbar: Denn Optik und Ideologie folgen schon länger nicht mehr den gängigen Stereotypen. Gut beobachten lässt sich das in der neu-rechten Szene, die beinahe Hipster-durchsetzt wirkt.
Die Gründe, warum Gudrun bei einer Mädelschaft ist, sind hingegen ziemlich traditionelle: Ihre Eltern sind bei Verbindungen, und ja, eine gewisse politische Überzeugung ist natürlich auch nicht zu leugnen. "Eine Mädelschaft ist ein Bund, in dem Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund steht. Wir treffen uns, quatschen, politisieren, wir feiern in Kneipen."
Die Familie und die politische Sozialisierung sei meist der Grund, warum junge Menschen Verbindungen beitreten, sagt auch Bernhard Weidinger von Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands. "Auf der Straße wird kaum wer angesprochen." Ansprechend seien zudem billige Unterkünfte und soziale Kontakte: In der Wiener Albia zahlt man etwa 70 Euro Mitgliedsbeitrag, die Zimmer kommen auf etwa 250 Euro.
Dazu kommt, dass Burschen- und Mädelschaften – ähnlich wie katholische Verbindungen wie der CV – Netzwerke sind, über die sich Karriere machen lässt. "Natürlich gebe es "keine Verpflichtung, einander zu helfen", sagt Albia-Chef Udo Guggenbichler, aber dass Mitgliedschaften nützlich sind, ist unbestritten – gut beobachtbar ist das ja an der FPÖ.
Zulauf verzeichnen Burschenschaften darum aber nicht, Mädelschaften hingegen schon. In den vergangenen Jahren gab es sogar Neugründungen. Woran das liegt, ist auch für Experten schwer zu sagen: Dass Männer durch den "Schmiss" leichter stigmatisiert sind, Frauen ihre Zugehörigkeit aber nicht angesehen wird, ist zumindest eine Erklärung.
Ein Äquivalent für die blutige und umstrittene Mensur – den Fechtkampf, der für den Aufstieg nötig ist –, gibt es bei den Frauen keines. Dort wird man durch den Studienerfolg und die Prüfungen von der Fäh zum Mädel und zur Hohen Dame. Nur Kneipen gehören zum Repertoire, wie bei den Männern, sagt Gudrun: "Ja, trinken gehört manchmal auch dazu."
KURIER: Am Freitag werden rund 3000 Polizisten für den Schutz von rund 2500 Gästen des Akademikerballs sorgen. Macht die Organisation angesichts dessen noch Freude?
Udo Guggenbichler: So, wie ich den Ball aus tiefster Überzeugung organisiere, so bin ich der Meinung, dass man das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht einschränken darf.
Wie ist dieses Sicherheitsaufgebot vor dem Steuerzahler zu rechtfertigen?
Ich verstehe die Kritik, aber es gab bisher 55 Bälle ohne Polizeischutz und Demonstration. Heuer feiern die Gegner das 10. Jubiläum der Ball-Demos. Fakt ist, dass die Kosten nicht wegen uns entstehen, sondern wegen der Gewalt, die wir jedes Jahr bei der Demo erleben.
Gibt es Gäste, die ob dieser Demos nicht mehr kommen?
Natürlich gibt es die auch. Es gab Jahre, in denen die Polizei wirklich Schwierigkeiten hatte, die Gäste zu schützen. Ich sage es ganz offen: Ich finde es feig, Damen in Ballkleidern mit Bierdosen und Steinen zu bewerfen.
Haben Sie je überlegt, mit dem Ball aufzuhören?
Nein. Man hat ja auch nicht überlegt, den Opernball der Demos wegen abzuschaffen. Früher zogen die Demonstranten vor die Staatsoper. Dann scheint es den Teilnehmern zu langweilig geworden zu sein, nur gegen den Kapitalismus auf die Straße zu gehen. Und jetzt demonstrieren sie gegen uns.
Die FPÖ Landesgruppe Wien organisiert offiziell den Ball, die FPÖ ist seit Dezember in der Regierung: Kommen heuer etwaig sogar mehr Gäste als früher?
Ich nehme ein verstärktes Interesse an unserem Ball wahr, das ist richtig. Aber nicht erst seit dem 18. Dezember, sondern seit der Demo im Jahr 2014, als am Graben und am Stephansplatz und vor Traditionslokalen wie dem Schwarzen Kameel randaliert und Vandale betrieben wurde. Damals hat ein Solidarisierungseffekt mit dem bürgerlichen Lager begonnen.
Haben Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Minister Hofer oder Nationalratspräsidentin Kitzmüller ihr Kommen zugesagt?
Ich glaube, die Bundesregierung hat im ersten Monat ihrer Tätigkeiten wichtigeres zu tun, als mit mir zu telefonieren, ob sie auf den Ball kommen oder nicht. Ich freue mich, wenn jemand von der Regierung kommt, aber es gibt keine Verpflichtung für irgendwen.
Kommen internationale Gäste, die man kennt?
Das ist der Mythos...
...Marine Le Pen war schon Ihr Gast.
Ja. Ich wurde vor Kurzem von einer engagierten Journalistin gefragt, wie ich damit umgehe, dass Le Pen in Frankreich dafür kritisiert wird, dass sie am Ball war. Und in Österreich wird der Ball kritisiert, weil Le Pen da war. Wer ist die Henne, wer das Ei? Sind wir böse wegen Le Pen oder Le Pen wegen uns? Sachlich muss man sagen: Es gibt gegen uns keinen Vorwurf. Bei den Demonstranten gibt es über 1000 Anzeigen in den letzten zehn Jahren. Es gibt Verurteilungen wegen Landfriedensbruch, Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt. Auf der anderen Seite gibt es eine Ballveranstaltung, die bei der letzten Steuerprüfung 10.000 Euro zurückbekommen hat.
Verstehen Sie, wenn man Ihnen und Ihren Gästen ein antiquiertes bis reaktionäres Geschichtsverständnis vorwirft?
Dafür habe ich Verständnis. Man kann auch der katholischen oder evangelischen Kirche antiquierte Traditionen und Geschichtsverständnis vorwerfen. Ich weiß nicht, ob das Hochhalten von Traditionsfahnen im 21. Jahrhundert hip ist, aber das ist uns egal. Ich habe auch Verständnis für die „Rosa Lila Villa“, obwohl nicht alles, was dort passiert ist, nach meinem persönlichen Geschmack ist. Ich würde nie zu Aktivitäten gegen sie aufrufen, wie das beim Akademikerball der Fall ist – wo in halb Europa mobilisiert und zu Gewalt aufgerufen wird, um gegen uns zu demonstrieren.
Was erwartet einen Gast auf dem Ball selbst?
Da höre ich gerne auf Mitarbeiter der Hofburg. Wenn Garderobendamen sagen, dass dieser Ball der eleganteste mit den angenehmsten und höflichsten Gästen ist, dann nehme ich das als Kompliment. Es ist ein ganz klassischer Nobelball mit einer Schwarz-Weiß-Eröffnung und einer Mitternachtseinlage. Sichtbarer Unterschied ist natürlich die studentische Tradition. Man sieht mehr bunte Hüte als auf anderen Veranstaltungen. Alles, was hineinmystifiziert wird, das ist Unsinn. Was soll auf einem Ball passieren? Man kann an der Bar stehen und reden.
Vielleicht wird am Akademikerball aber mehr politisiert als auf dem Opernball?
Vor Jahren hat sich ein Falter-Redakteur auf die Toilette zurückgezogen, um die Pissoir-Gespräche mitzuhören, und danach sagte er zu mir: „Es waren keine interessanten Gespräche.“ Ich mache den Ball seit 20 Jahren und erlebe ihn als Fest, an dem Studenten, die sich lange kennen, treffen.
Wird der Ball diesmal medienöffentlich sein?
Ich habe bis jetzt rund 60 Anfragen von Kamerateams. Wenn ich alle zulasse, hätte kein Gast mehr ein Ballvergnügen, sondern stolpert von einem Mikrofon ins nächste. Wir wollen niemanden ausschließen, weil wir nichts zu verstecken haben. Gleichzeitig wollen wir die Privatsphäre der Gäste wahren. Da eine vernünftige Entscheidung im Sinne der Pressefreiheit zu treffen, haben wir noch vor uns.
Der Akademikerball ist punziert, hat ein zweifelhaftes Image – auch, weil Sie sich der Öffentlichkeit nicht gestellt haben. War das ein Fehler?
Stimmt. Das ist meine Schuld, mein Fehler. Als No-WKR-Demos und NGOs sich anfangs gegen uns gestellt haben, haben wir uns nicht geäußert. Wir waren als Studentenverbindungen lange der Meinung: So lange keine öffentliche Institution gegen uns ist, müssen wir nichts tun. Seit ein paar Jahren versuchen wir das zu ändern, offen und öffentlich zu kommunizieren, weil wir nichts zu verstecken haben.
Was passiert, wenn ein ungebetener Gast am Parkett steht?
Alle Securities sind angehalten, sich um die Sicherheit der Gäste zu kümmern. Es sind schon Damen nach Hause geschickt worden, weil sie zu kurze Kleider anhatten. Langes Abendkleid ist Pflicht, andernfalls bekomme ich 100 Briefe von Damen, die sich an die Kleiderordnung gehalten haben. Zudem: Ich kenne unter 2500 Gästen nicht alle Wald- und Wiesenpolitiker rechts der Mitte persönlich. Einmal fuhr ein Ballgast von Düsseldorf nach Wien und hörte, dass vier Mitreisende auch zum Ball wollten, um diesen als Gäste zu stören. Aufgrund der Personenbeschreibung konnten wir sie am Eingang zurückweisen.
Die Hysteria will zwei Ballkarten verlosen und hat eine Mitternachtseinlage angekündigt.
Sie haben bereits letztes Jahr eine Einlage gemacht. Wenn sie eine Fahne auf der Tanzfläche hissen ist mir das lieber, als wenn in der Stadt Steine fliegen. Man muss dazu sagen: Die Hysteria ist in einem Förderungsfonds und bekommt 100.000 Euro für ein Kunstprojekt von der Stadt Wien. Ob es legitim ist, mit öffentlichen Mitteln private Veranstaltungen zu stören, das stelle ich allerdings in Zweifel.
Viele FPÖ-Regierungsmitglieder und Kabinettsmitarbeiter bis hin zu Pressesprechern sind Mitglied einer Burschenschaft, werden dafür auch teils heftig kritisiert. Burschenschaft zu sein heißt auch, sich der FPÖ zugehörig zu fühlen?
Nein, ganz im Gegenteil. Bei uns wird penibel darauf geachtet, dass die Partei auf den Buden keine Veranstaltungen macht. Die Burschenschaft selbst ist unpolitisch. Es gibt Bundesbrüder, die ein ÖVP-Parteibuch haben. Natürlich haben wir auch Diskussionsabende, zu denen Politiker eingeladen werden. Warum darf ein Kabinettsmitarbeiter nicht bei einer Burschenschaft sein: Gibt es ein Berufsverbot für Vereinsmitgliedschaften?
Wie viele Menschen gehören in Österreich einer schlagenden Verbindung an?
Ich bin der Vorsitzende des österreichischen Pennäler-Rings, dem 60 Verbindungen angehören. Die akademischen Burschenschaften sind in keinem Dachverband organisiert, sondern sind in den Universitätsstädten Leoben, Salzburg, Innsbruck und Linz. Es wird öffentlich immer verkürzt dargestellt: Es gibt schlagende und nicht-schlagende Verbindungen, Schüler- und Studentenverbindungen, dann den Wiener akademischen Turnverein, der nicht pflichtschlagend, dafür politischer ist. Deshalb kann man keine Zahlen nennen. Die Albia hat 100 Mitglieder ab 18 Jahren.
Wie viele Studenten wollen pro Jahr zu Ihnen – zehn?
Nein, das wäre viel zu hoch. Das kann ich pauschal nicht sagen. Wir haben in Wien Verbindungen mit acht, 20 oder 100 Mitgliedern. Die Wiener Verbindungen sind sehr individuell. Wir legen Wert auf Benehmen, machen traditionell Tanzkurse. Die Olympia ist traditionell politischer.
Was bringt einem jungen Mann eine Burschenschaft-Mitgliedschaft?
Die Beweggründe sind so individuell wie die Verbindungen. Mir hat der Gemeinschaftssinn gefallen. Menschen lernen einander auf der Uni kennen, sind neu in einer Stadt, verstehen sich, versuchen Kontakte zu knüpfen. Oft nimmt auch jemand hier Studentenzimmer, und lernt so die Verbindung kennen.
Der Sitz der Albia ist in einem herrschaftlich schönen Haus im vierten Bezirk. Wie finanziert sich die Verbindung?
Durch Mitgliedsbeiträge. Derzeit sind das 70 Euro pro Monat. Zudem vermieten wir Studentenzimmer um 5 Euro pro Quadratmeter.
Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen, um Burschenschafter zu werden? Kann ich als ausländischer Student auch zur Albia?
Natürlich. Wer Mitglied wird, das entscheidet der Konvent. Das ist von Bund zu Bund, von Konvent zu Konvent verschieden.
Auf der Albia-Homepage: „Wir sind der Ansicht, dass der bei weitem überwiegende Teil der in Österreich lebenden autochthonen Bevölkerung kulturell und abstammungsmäßig dem deutschen Volk angehört und bekennen uns zu diesem.“
Der Deutschtum-Begriff kommt von 1815, der Urburschenschaft, der Zeit, als Napoleon sich Europa zu eigen machte. Die Burschenschaft hatte die Einigung der deutschen Studenten zum Ziel. Das hat nichts mit verbrecherischen Regime am Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu tun. Menschen mit bedenklichen Einstellungen gab es bei allen Vereinen über alle Ideologien hinweg. Einem gemeinsamen Kulturkreis anzugehören oder sich ihm zugehörig zu fühlen, ist per se nicht böse. Alle Burschenschaften bekennen sich zur Republik Österreich und alle sind im Vereinsregister eingetragen, haben Satzungen und fühlen sich der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet.
Wie gehen Sie jetzt mit Menschen mit bedenklichen Einstellungen auf der Bude um?
Menschen, die eine extreme politische Haltung haben, könnten wegen der medialen Berichterstattung glauben, dass sie bei uns eine Heimat finden. Diese werden sie bei uns aber nicht finden.
Die israelitische Kultusgemeinde will keinen Kontakt zur FPÖ. Gilt das auch für Burschenschaften?
Theodor Herzl war Mitglied der Albia. Wir wurden von der Kultusgemeinde gefragt, ob wir Ausstellungstücke haben und haben ihnen diese natürlich gegeben. 1880 gab es antisemitische Strömungen, so wie in den 1930ern. Ich verspüre keinen Antisemitismus auf der Bude, wohl aber im Alltag, was mehr mit dem Islam zu tun hat als mit Österreichs Geschichte. Antisemitismus darf in der Gesellschaft keinen Platz haben.
Rechtsradikales hat auch keinen Platz auf der Bude?
Nein. So etwas ist mir bei uns auch noch nie unterkommen. So jemand kann auch nicht Teil unserer Verbindung sein. Beschließt der Konvent, dass jemand aufgenommen wird, dann ist er erst einmal für zwei Semester Fuchs, dann für drei Semester Bursch. Als Fuchs trägt man einen Deckel, als Bursch die Couleur. Dafür muss er aber die achtstündige Burschenprüfung bestehen.
... und die Prüfung beinhaltet was?
Man muss ein Referat gehalten haben, geprüft wird die Geschichte der Verbindung, die Fechtordnung muss absolviert werden, bis hin zu einem Word-Kurs, weil er auch Schriftführer sein können muss. Bei schlagenden Verbindungen wird eine Mensur gefochten. Wenn man das bestanden und Studienerfolge erbracht hat, dann ist man nach zwei bis drei Semestern Bursch und sitzt am Konvent.
Wer die Prüfung nicht besteht oder keinen Studienerfolg erbringt, der wird ausgeschlossen?
Nein, es gibt einen Studienkonvent, am Ende des Semesters wird besprochen, ob du deine Ziele erreicht hast. Es gibt auch Nachfristen, auch das entscheidet demokratisch der Konvent.
Gibt es Rituale?
Wir pflegen den traditionellen Ritus. Konvente, Kneipveranstaltungen, die drei bis vier Mal im Semester stattfinden. Die Kneipveranstaltung entspricht dem alten, studentischen Ritus aus dem 19. Jahrhundert. Es werden Reden gehalten, alte Lieder gesungen wie „Die Gedanken sind frei“, dann gibt es ein Kolloquium, einen Vortrag, am Ende singen wir oft „O alte Burschenherrlichkeit“.
Wird auch das „Lied der Deutschen“ gesungen?
Ja, aber nicht aus Gründen des Nationalsozialismus, sondern wegen der historischen Entwicklung. Schwarz-Rot-Gold, die jetzigen Farben der Deutschen, sind ja sehr verwoben mit der burschenschaftlichen Geschichte. Das waren immer die Farben demokratischer Bewegungen.
Die AfD und die Identitären suchen die Nähe zu Verbindungen. Wie gehen Sie damit um?
Ich muss damit nicht umgehen. Geht einer von uns auf eine Demo der Identitären, kann er das tun, denn ich kann niemanden das Demonstrationsrecht absprechen. Es hängt immer vom Konnex zur Verbindung ab. Wer das Gesetz verletzt, und damit ist nicht wie immer unterstellt das Verbotsgesetz gemeint, sondern auch das Vereinsgesetz, wer also beispielsweise wegen Körperverletzung straffällig wird, der wird sofort suspendiert. Bei der nächsten demokratischen Sitzung wird entschieden, wie mit dem Delikt umzugehen ist.
Wie oft kommt es zu Ausschlüssen?
Selten. Es kommt eher vor, dass Mitglieder austreten, weil sie den zeitlichen Aufwand mit universitären Verpflichtungen nicht vereinbaren können. Fechten ist mit Trainingsaufwand und Gemeinschaftspflege mit viel Zeit verbunden.
Apropos Fechten: Viele Menschen verstehen die Mensuren, bei denen es zu sichtbaren Verletzungen kommen kann, nicht.
Das kann ich durchaus nachvollziehen. Es steht jedem frei, zu einer schlagenden Verbindung zu gehen oder zu einer anderen, die diese Tradition nicht vorsieht. Fechten ist als Mutprobe und Selektion gedacht. Das Interessante am Fechten ist: Es ist für den Alten wie für den Jungen eine Herausforderung. Aufgrund der gemeinsamen Erfahrung wird der Generationenkonflikt oft überwunden.
Burschenschafter für Freiheit und Vaterland zum Nachlesen! |
Presse 2017-11-20 ../00CONTENT/Corner/Burschen/Artikel/2017-11-20_A_Freiheit-und-Vaterland_289 |
Es gilt, der Grundströmung eines mehrheitlich nicht linken Österreich in einer Regierung zum Durchbruch zu verhelfen.
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Gastkommentar Konrad M. Weiss |
Was sind Burschenschaften? zum Nachlesen! |
neuwal 2014-01-21 ../00CONTENT/Corner/Burschen/Artikel/2014-01-21_A_Was sind Burschenschaften_291 |
Am 24. Jänner 2014 findet wieder der Akademikerball statt – Demonstrationen und z.T. leider Ausschreitungen inklusive. Doch: Was sind eigentlich Burschenschaften, was Mensuren? Welche Ideologie steckt dahinter? neuwal klärt auf. |
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