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Nicht dramatisieren, nicht beschönigen


2016-01-18 Kurier

Nicht dramatisieren, nicht beschönigen

Ute Brühl

Soziologe Güngör Herausforderungen in Flüchtlingsfrage und wie Integration gelingen kann.     


Was es heißt, sich in einer völlig anderen Gesellschaft zurechtfinden zu müssen, hat Kenan Güngör in seiner eigenen Familie erlebt. Die übersiedelte einst von einem kurdischen Bergdorf nach Köln: „Wenn ich sehe, wie sich meine und so viele Eltern verändert haben, macht mir das Hoffnung." Dennoch warnt er vor zu viel Euphorie und gehässiger Dramatisierung in der Flüchtlingsdebatte.
KURIER: Wie kann die Integration von so vielen Flüchtlingen gelingen? Kenan Güngör: Unser Vorteil ist, dass wir 50 Jahre Erfahrung mit Migration haben. Viele Integrationsmaßnahmen müssen wir nur adaptieren, einige neu entwickeln. Eine große Herausforderung ist: Wie können sich Menschen hier situieren, wenn sie Familie in Kriegsgebieten haben, die dort ums Überleben kämpft? Sie sind emotional zu 70 Prozent in ihrer alten Heimat. Das müssen wir uns vor Augen halten. Auch die Arbeitsintegration in dieser Quantität ist schwierig. Gut finde ich zum Beispiel, was die Stadt Wien macht: Gespräche mit jedem einzelnen Flüchtling, um zu sehen, wo er steht, was seine Zukunftspläne sind und was gemeinsam getan werden kann.
Bringen diese Menschen nicht ein vordemokratisches Weltbild mit?
Man kann keinem vorwerfen, wo er geboren und wie er sozialisiert wurde. Die Frage ist immer, was er daraus macht. Ein beachtlicher Teil der Migranten hat überkommene Bilder verworfen. Es gibt Fortschritte - auch wenn wir einen Rückschlag erleben: Modernisierung verläuft nicht linear.


Wie können wir klarmachen, welche Regeln für ein Miteinander nötig sind?
Wir müssen an mehreren Hebeln gleichzeitig ansetzen. Die achtstündigen Wertekurse, in denen Flüchtlinge Grundsätzliches über das Land erfahren, sind nur ein Anfang. Mehr bringen Deutschkurse, in denen die Menschen bis zu zwei Jahren sind. Das Lernen orientiert sich an Alltagssituationen, die wiederum mit Werten zu tun haben. So muss man intensivan der Realität arbeiten, z. B. erklären, dass hier die Rolle der Frau, der Umgang mit der Partnerschaft und Sexualität liberaler ist. Zentral ist die Schule, wo politische Bildung und Ethik zusammen unterrichtet gehören. Dass wir. das nicht haben, ist ein Riesenmanko in einer Gesellschaft, die plural ist. Und überall dort, wo sich Leute begegnen, im Kindergarten, beim Elternabend, könnte man die Räume auch dafür nutzen.


Die meisten Flüchtlinge sind Männer. Ein Ungleichgewicht der Geschlechter g, führt zu Konflikten.
Mehrere Einflussfaktoren begünstigen, dass das problematisch sein kann: ein sozial, kulturell und religiös imprägniertes Bild von Mann und Frau, von Sexualität und Ehrverständnis, das eine Ungleichwertigkeit verfestigende, rigide Moral hat. Da kommt es zu einer grundlegenden Verfremdung von Männern und Frauen, weil sie keine Erfahrung mit dem anderen Geschlecht haben. Die paradoxe Folge: Je mehr Sexualität unterdrückt wird, desto sexualisierter wird die Gesellschaft. Es ist wie beim Essen: je ich mehr es unterdrücke, hungere, desto mehr denke ich natürlich ans Essen. Deshalb sind die islamisch-arabische wie auch indische Welt und befriedigte, übersexualisierte Gesellschaften. Das muss man im Auge haben und darüber diskutieren.
Wir müssen erklären, dass wir das anders sehen und eben nicht amoralisch sind. Das löst bei vielen Aha-Effekte aus. Reden allein reicht nicht: Diese Männer benötigen auch eine Tagesstruktur, wenn es der reguläre Arbeitsmarkt nicht tut, dann z. B. mit gemeinnütziger Arbeit. Dabei würden sie sich als sinnhaft erleben, als jemand, der etwas zum Gemeinwohl beiträgt.

Auch die Akzeptanz in der Aufnahmegesellschaft würde dadurch steigen.

Müsste man mehr Ehrenamtliche ermutigen, sich als Mentoren für Flüchtlinge zu engagieren?
Es gibt nicht nur Feindseligkeit in diesem Land, sondern auch eine wahnsinnige Hilfsbereitschaft. Wenn Menschen Zeit mit Flüchtlingen verbringen, entwickeln die Flüchtlinge Verantwortlichkeit und Empathie — eine Riesenressource, die zu wenig beachtet und gestützt wird. Man muss Freiwillige unterstützen, damit sie das längerfristig gut machen können, ohne sich zu überfordern. Man könnte ihnen z. B. Lernmaterialien zur Verfügung stellen. Ich könnte mir auch eine Mikrofinanzierung vorstellen, damit man gemeinsame kleine Unternehmungenfinanziert. Da ist viel möglich.
Die Willkommenskultur hat Kratzer bekommen.
Der Willkommensslogan war vor dem Hintergrund der humanitären Katastrophe menschlich zwar völlig nachvollziehbar, aber einseitig. Es war hinsichtlich der Folgefragen — was sowohl die Flüchtlinge, die Aufnahmegesellschaft wie auch die Krisenregionen betrifft —ziemlich ausgeblendet. Besser wäre eine Haltung gewesen, die sagt: „Wir lassen euch nicht alleine! Ihr habt viel durchgemacht und seid endlich in Sicherheit. Hier ein neues Leben aufzubauen, wird schwierig sein. Es wird auch für uns eine Herausforderung sein, aber gemeinsam können wir das schaffen." Da muss man nichts beschönigen, nichts dramatisieren. So fühlt sich die Mehrheitsgesellschaftetwas sicherer und kippt nicht nur auf eine Seite — entweder Flüchtlinge sind „nur gut" oder „nur schlecht."

 


Kenan Güngör
Der Soziologe mit kurdisch-türkischen Wurzeln beschreibt sich selbst als eine „kurdische Version von Heidi".
Der Experte für, Integrationsfragen berät staatliche sowie nichtstaatliche Organisationen und sitzt im Expertenrat der österreichischen Bundesregierung.
www.thinkdifference.com


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Kommentare und Hervorhebungen: JPS

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