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  Parallelwelten: Queer-Feminismus und die supranationale Politik

Karl-Peter Schwarz - Presse   2018-06-07    ../00CONTENT/Gesellschaft/Artikel/2018/2018-06-07_Parallelwelten_309

Hartnäckige Ignoranz, die trotzige Abwendung von der Wirklichkeit, ist die Krankheit des Jahrhunderts. Doderer nannte sie Apperzeptionsverweigerung.


Auf Twitter hat eine Dame meine Neugier geweckt, die sich in ihrem Account so vorstellt: „Queer?Feministin, Aktivistin & Wissenschaftlerin. Forscht zu Heteronormativer Gewalt in der Sexualmedizin. Cis (sie/ihr), weiß“. „Cis“ heißt, dass ihre Geschlechtsidentität mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihr bei der Geburt „zugewiesen“ wurde. Willkürlich „zugewiesen“, wohlgemerkt, nicht etwa „festgestellt“, weil das Geschlecht der Gendertheorie nach keine biologische Konstante ist, sondern ein ephemeres soziales Konstrukt.

Die Dame steht zu ihrer Weltanschauung, wie man ihren Tweets entnehmen kann: „Menstruation ist nichts ,strukturell weibliches‘ – es ist etwas, was manche Körper tun und andere nicht. Ob die Person weiblich ist oder nicht, hat damit nichts zu tun.“ Ist halt wie Nasenbluten, nur regelmäßig und an einer anderen Stelle.

Falls Sie das für Unsinn halten sollten, sind Sie, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht, schon auf dem besten Weg, von den Queer-Feministinnen als heteronormativer „Nazi“ geoutet zu werden. Mit solchen Leuten diskutieren sie nicht, sie grenzen sie aus, weil sie ihrer Ansicht nach der höheren Moral einer Gesellschaft ohne Diskriminierungen im Weg stehen.

Wir leben, wie Heimito von Doderer 1959 konstatiert hat, in einem „totalen Staate und seiner Lebensatmosphäre“, in der sich „eine zweite, eine geminderte Wirklichkeit, die bisher nur diffus vordrang, zur äußeren Faktizität konstituiert“. Die Apperzeptionsverweigerung, die Doderer für die typische Krankheit des 20. Jahrhunderts gehalten hat, setzt sich im 21. Jahrhundert erst so richtig durch. Die in „vielhunderten Formen umherschleichende Dummheit“ verwandelt sich in Wut, „die katastrophalste Form der Apperzeptionsverweigerung“, wenn die Prämissen, auf der die zweite Wirklichkeit ruht, unter Berufung auf Logik und Fakten infrage gestellt werden.

Abweichende Meinungen werden von Zweitweltbewohnern nicht als intellektuelle Herausforderungen begriffen, sondern als moralische Zumutungen. Apperzeptionsverweigerung und Hypermoralismus gehen Hand in Hand. Der Hypermoralist reagiert auf Widerspruch mit Wut. Er argumentiert nicht ad rem, zur Sache, sondern ad personam. Wer für die Nutzung der Gentechnologie und der Nuklearenergie eintritt, kann gleich einpacken, denn er hat sich moralisch diskreditiert.

„Zur äußeren Faktizität konstituiert“ sich die geminderte Wirklichkeit auf vielen Gebieten und auf nahezu allen Ebenen, aber ganz besonders auf der supranationalen. Die Parallelgesellschaft der EU folgt ihrer eigenen Logik, sie selektiert sich ihre Fakten und benützt eine Sprache, die außerhalb ihrer Institutionen nicht mehr verstanden wird.

Ohne Apperzeptionsverweigerung hätte es den Euro nicht gegeben. Im Juni 1992 warnten 62 deutsche Nationalökonomen eindringlich davor, „eine monetäre Einheit auf ein wirtschaftlich, sozial und interessenpolitisch noch uneiniges Europa zu stülpen“. Ihre „überhastete Einführung“ würde „starke ökonomische Spannungen“ erzeugen, die „zu einer politischen Zerreißprobe führen“ und „ein konfliktarmes Zusammenwachsen in Europa“ gefährden.

Genauso ist es gekommen. Nichts hat die Europäer seit 1945 so sehr gegeneinander aufgebracht wie die gemeinsame Währung. In Griechenland und in Italien wächst die Wut gegen die EU und Deutschland. Im Gegensatz zum Credo der Eurokraten scheitert die EU nicht, wenn der Euro scheitert, sondern, wenn an ihm festgehalten wird.

Eine der Wirklichkeit verpflichtete Politik würde versuchen, ihn möglichst rasch und schmerzlos durch eine marktgerechte Währungsordnung zu ersetzen. Stattdessen wird jetzt eine Ausweitung der Transferunion à la Macron vorbereitet, vor der unlängst 154 deutsche Wirtschaftsprofessoren gewarnt haben. Aber was nützen schon Warnungen, wenn Apperzeptionsverweigerer an der Macht sind.

Karl-Peter Schwarz war langjähriger  Auslandskorrespondent der „Presse“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in Mittel- und Südosteuropa.
Jetzt ist er freier Journalist und Autor (kairos.blog).


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